Verschwörungstheorien und Corona (Vertiefungseinheit zu UE Nr. 05)

Einleitung

Das Unterrichtsmodul will dabei helfen, die Faktenlage zur Corona-Pandemie zu beschreiben und diese von den suggestiven Tatsachenbehauptungen und Erklärungsmustern der Verschwörungstheorien zu trennen. Die Teilnehmer*innen erarbeiten sich die Strukturelemente der Verschwörungstheorien zu Corona. Sie lernen, gängige Verschwörungstheorien zu widerlegen und überlegen gemeinsam, wie ein angemessener Umgang mit Corona-Verschwörungstheorien und Menschen, die diese verbreiten, aussehen könnte. Hierzu beschäftigt sich die Gruppe auch mit den Gefahren der Instrumentalisierung durch die extreme Rechte und Verschwörungstheoretiker*innen.

Hintergründe

Seit Anfang 2020 begleitet uns nun bereits die Corona-Pandemie. Unser aller Alltag hat sich dadurch verändert, wir haben lange Lockdown-Zeiten erlebt, verbunden mit vielfältigen Einschränkungen im privaten Bereich sowie im beruflichen oder schulischen Alltag.

In Zeiten von Corona wurde in vielen Zusammenhängen offenbar (und bis in die Familien und Freundeskreise erlebbar), wie Zweifel und Skepsis für Verschwörungstheorien empfänglich machen.

Nachdem anfänglich noch Verschwörungstheorien über die Urheberschaft des Corona-Virus kursierten, die wahlweise US-amerikanische oder chinesische Geheimdienste, den Mobilfunkstandard 5G oder gar einen strafenden Gott für die sich zur Pandemie ausweitende Epidemie verantwortlich machten, setzten sich schnell Verschwörungstheorien durch, die die Corona-Pandemie als fabrizierten Vorwand globaler Eliten und des „tiefen Staats“ ausgaben. Diese wollten damit (bestenfalls nur) die Demokratie und Bürgerrechte aushebeln.

Verschwörungsdenken und Verschwörungstheorien sind kein neues Phänomen, aber insbesondere die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass größere Teile der Bevölkerung für solche Welt- und Ereignisdeutungen zugänglich sind, die anderen wiederum als vollkommen abstrus erscheinen. Auf Anti-Corona- und sog. „Querdenker“-Demonstrationen hat sich zudem gezeigt, dass nicht nur die „üblichen Verdächtigen“ aus dem rechtspopulistischen und rechtsextremen Bereich hierfür empfänglich sind, sondern Menschen, die Reichskriegsflaggen oder Friedenstauben hochhalten, sich in einer erbitterten Frontstellung gegen einen vermeintlichen „tiefen Staat“ zusammen auf die Straßen begeben können.

Trotz der breiten Berichterstattung über die Pandemie in allen Medien war eine große Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung deutlich zu spüren. Diese konnte besonders während und im Anschluss an die erste Lockdownphase beobachtet werden. Die Tatsache, dass Wissenschaft und Politik angesichts der Herausforderung durch eine vorher unbekannte Virus-Variante auch laufend Einschätzungen und Empfehlungen revidieren mussten und Anpassungen bei den Schutzmaßnahmen vorgenommen wurden, hat für Teile der Bevölkerung zu einem weiteren Vertrauensverlust in Politik und Wissenschaft beigetragen.

Es hat sich zudem gezeigt, dass Erfahrungen von Unsicherheit und Kontrollverlust Menschen überfordern und Ohnmachtsgefühle, Ängste oder auch aggressive Ablehnungsreaktionen wie Wut hervorrufen können. Menschen suchen für ihre Emotionen häufig einen Adressaten, den sie verantwortlich machen können. Dafür eignet sich ein unsichtbares, in seiner Wirkungsweise komplexes und noch nicht erschöpfend erforschtes Virus nur bedingt. Deshalb ist es auch nicht erstaunlich, dass die konkret erlebbaren Einschränkungen im Alltag, die zur Eindämmung der Pandemie getroffenen Maßnahmen und die für diese Entscheidungen verantwortlichen Personen und Institutionen in Politik und Wissenschaft und die berichtenden Medien Gegenstand emotionaler Abwehrreaktionen gegen eine fundamental veränderte Lebensrealität sind. Es ist diese Alltagsrelevanz, die zu der öffentlichen Sichtbarkeit und der Dynamisierung und Politisierung der coronabezogenen Verschwörungstheorien erheblich beigetragen hat.

Gesellschaftliche Relevanz

Zum gesellschaftlichen (und politischen) Problem wird eine solche Entwicklung, wenn darüber grundlegendes Vertrauen in zentrale Institutionen einer lebendigen und funktionierenden Demokratie verloren gehen, die Integrität von Wissenschaft in Frage gestellt wird und etablierten Medien per se abgesprochen wird, sich um seriöse, faktenbasierte Berichterstattung zu bemühen. Genau an diesem Punkt des Misstrauens, das bereits weit über eine gesunde Skepsis hinausgeht, setzen viele Verschwörungstheorien an und nutzen die Unsicherheiten und Ängste aus. Im Internet lassen sich entsprechende Verschwörungstheorien über diverse Social Media-Plattformen schnellstens verbreiten, besonders wenn zur Unterstützung Persönlichkeiten aus dem öffentlichen Leben bzw. sog. „Influencer“ diese teilen und durch das ihnen entgegengebrachte persönliche Vertrauen aufwerten.

Viele Jugendliche sind mit der Flut an Informationen überfordert und tun sich schwer, seriöse Nachrichten von Fake News und Verschwörungstheorien herauszufiltern. Hier braucht es eine Auseinandersetzung sowohl mit den Bausteinen und Wirkmechanismen von Verschwörungstheorien am konkreten Beispiel als auch die Auseinandersetzung auf der Sachebene.